Grundlagen zu Techniken und Arbeitsmaterialen in der Kalligraphie

Sumi - Grundlagen zur Tusche

Bildergalerie: Beispiele verschiedener Tuschen


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    Hochwertige blauschwarze japanische Tusche mit ungewöhnlicher Form und Detailverzierung.
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    Exzellente schwarze japanische Tusche. Der stark glänzende Abriebbereich zeigt beste Güte.
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    Drei alte chinesische Tuschen mittlerer bis guter Qualität. Sammlerobjekte.
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    Hochwertige, blauschwarze japanische Tusche mit ungewöhnlicher Form und Detailverzierung.
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    Meine wertvollste japanische Tusche. Ein edles Geschenk eines Kunden.
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    Alte, gute chinesische Tusche in seltener Ringform. Sammlerobjekt.
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    Alte chinesische Jubiläumstusche aus Anhui. 1,5 kg Qualität. Wertvolles Sammlerobjekt!
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    Tiefschwarze, chinesische 101-Tusche. Spitzenqualität des innerchinesischen Marktes.
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    Chinesische Zinnober-Tusche. Mittlere Qualität, eher Showobjekt.
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    Echte 30 Jahre alte chinesische Tusche guter Qualität. Sammlerobjekt.

Zierstück, Arbeitsmaterial oder Sammlerobjekt


Festtusche als Bestandteil einer mehr 1500 Jahre alten Kultur in China, Korea und Japan ist weit mehr als nur eine Farbe, mit der man Bilder und Text auf Papier bannt. Sumi, der japanische Name der Tusche, ist ein schwarzes Material, das hauptsächlich in Form von eckigen oder runden Stäben angeboten wird. Es finden sich aber auch beliebige andere Formen, wie Ringe, Scheiben und Skulpturen. Dabei hat diese Tusche in den asiatischen Kulturen einen festen Platz als eigenständige Kunstform erobert. In der einfachsten Form bekommt man sie als Zierstück mit allerlei eingepressten Motiven und bunt und mit Silber und Gold bemalt. Tatsächlich sollte man von solchen Tuschen am wenigsten erwarten, denn meist sind sie als Zierstücke gedacht und verwenden dann sehr einfaches Material, dessen Reibe- und Farbeigenschaften sehr beschränkt sind.

Tuschen zum anspruchsvollen Schreiben sind hingegen Arbeitsmaterial und verlangen eine deutlich bessere Qualität. Sie sind ideal, wenn man Wert auf das Schreiben selbst und die Ergebnisse legt.

Hier eine kleine Auswahl exquisiter japanischer Tuschen verschiedenster Ausführung:

Für eine größere Darstellung dieses Bildes und folgender bitte auf das Bild klicken.

Aber auch Tuschen haben in Asien einen Siegeszug als Kunstwerke und Sammlerstücke erfahren. Es beginnt bei repräsentativen Exemplaren, wenn zum Beispiel ein Tempel oder ein Tuschehersteller zu einem besonderen Anlass eine eigene Jubiläumstusche mit seinem Namen und weiteren Angaben zu dem Ereignis fertigen lässt. Man findet auch Portraits von Persönlichkeiten oder Politikern auf Tuschen oder Themen zu besonderen Ereignissen. Künstler haben ganze Serien von Bild- und Gedichtwerken in Tusche geschaffen. Die aus China stammenden 45 Sichten des westlichen Sees sind eine wunderbare Arbeit aus je einem Bild auf der Vorderseite und einem Gedicht auf der Rückseite der Tuschestäbe, von denen jeder auch eine andere Form besitzt. Von den alten Originalen sind nur noch ein Teil erhalten und die fehlenden in Schriften überliefert. Beispiele zu Tuschen als Sammlerobjekte und Kunstwerken finden Sie unter Inspirationen

Was ist Tusche und wie wird sie hergestellt?


Tusche ist sehr überschaubar zusammengesetzt, sie besteht vor allem aus vier Komponenten. Der Hauptanteil ist Russ, der zum Formen mit Wasser zu einem Brei geknetet wird. Um den Russ zu binden und den Stäben Festigkeit zu geben wird tierischer Hautleim beigemischt und um den unangenehmen Geruch dieses Hautleims zu beseitigen kommen noch verschiedene Parfümöle dazu. So weit so gut, natürlich bietet sich wie bei den Tuschesteinen ein schier unerschöpfliches Spektrum an Variationen und Qualitäten.

Der Russ hochwertiger Tusche wird seit jeher auf die gleiche Weise gewonnen: Über einer Flamme befindet sich eine Kalotte, eine wie der geköpfte Teil eines gekochten Eis aussehende nach unten geöffnete Hohlschale aus Eisen, in die eine konstant brennende Flamme ihren Russ schickt. Dabei spielt Geduld eine zentrale Rolle, denn je langsamer und gleichmässiger die Flamme brennt, umso feiner und homogener wird der Russ. Ein kleiner Hinweis darauf, weshalb sehr gute Tuschen deutlich teurer sind - sie brauchen viel mehr Zeit in der Herstellung.

Das klassische Ausgangsmaterial ist entweder Pinienholz oder Sesamöl. Beide bestimmen erheblich den Charakter der Tusche. Sesamöl ist deutlich öfter anzutreffen und erzeugt neutral- bis warmschwarze Tuschen. Sie erreichen eine tiefe Sättigung und haben meist eine glänzende Oberfläche. Verdünnt kann man je nach Herstellung richtige Brauntöne mit ihr erreichen. Schwarze Tuschen sind praktisch der Standard, weshalb sie keine besondere Bezeichnung auf der Verpackung haben. Meist findet man bei hochwertigeren Tuschen noch den Hinweis "Sesamöl" oder "oil-soot", wobei ich dies eher von chinsesischen Versionen her kenne.

Pinienholz oder Ao-Sumi liefert dagegen bläuliche, kalte Schwarztöne. Die folgenden Bilder zeigen verschiedenen Beschriftungen von japanischen Blautontuschen:

Pinienholztuschen sind matter und erreichen eine niedrigere Sättigung als Sesamöltuschen. Aber sie haben besonders bei stärkeren Verdünnungen sehr interessante kalte, bläuliche Wiedergaben. Warmtontuschen wirken so etwas rustikaler und Kalttontuschen eleganter. In Japan findet man amüsanterweise ein breiteres und hochwertigeres Angebot an Blautontuschen als in China, obwohl Schriften in diesen Zwischentönen deutlich weniger üblich sind als in der chinesischen Kalligraphie. So ist die gesättigte warmschwarze Tusche in Japan üblicher.

Entgegen einiger Quellen im Netz sind blauschwarze Pinienholztuschen keinesfalls als minderwertig oder billig anzusehen. Hier gilt wie bei Warmtontuschen, dass Leistung schlicht ihren Preis hat. Alle in der obigen Übersicht gezeigten Tuschen sind hochwertigste Kunsttuschen mit einem wunderbar differenziertem und breitem Tonwertumfang.

In Japan findet man auch gefärbte Tuschen, so genannte Cha-Sumi. Diese Tuschen sind seltener anzutreffen und in der Regel hochpreisig. Das Kanji Cha steht für Tee oder Braun. Tatsächlich werden Tuschen mit diverser Farbnuancierung als Cha-Sumi verkauft.

Hier sehen Sie zwei Tuschen mit einem deutlich rotbräunlichem Ton, beide aussen als Cha-Sumi beschriftet und die linke Packung noch mit einem roten Punkt als Hinweis für den Farbton markiert.



Eine echten Glücksgriff konnte ich in Matsumoto, Nagano, mit folgender Tuschesammlung machen. Es handelt sich um eine Sonderedition mit vier verschiedenen Tönun in Braun-Schwarz, Grün-Schwarz, Rot-Schwarz und eine Art Aubergine-Schwarz:

Mit den Parfümölen erreichen die Tuschemacher nicht nur eine Kompensation übler Nebeneffekte des Leims. Je nach Wahl der Öle bekommen Tuschen andere Oberflächen und auch die Farbnuancierung kann sich ändern. Ausserdem duftet Tusche nicht nur bei der Zubereitung, auch die frisch gemalten Bilder haben etliche Tage ein feines Flair. So werden in guten Tuschen teils sehr teure und ausgewählte Öle verwendet. Hier haben die Japaner insofern die "Nase vorne", dass sie entgegen ihrer sonstigen Zurückhaltung bei Düften Tusche oft erheblich kräftiger parfümieren, als chinesische Hersteller dies tun.

Tusche aus China oder Japan - eine Frage der Qualität?


Die Frage ob chinesische oder japanische Tuschen besser sind kann man nicht pauschal beantworten. Bei japanischen Tuschen ist es schwerer negative Ausreisser zu bekommen, denn dazu sind die Qualitätskontrolle und der Anspruch keinen Ramsch zu produzieren meist höher. Bei chinesischen Tuschen kommt man dagegen besser an exquisite Kunstobjekte und hochfeine Mischungen, die in Japan erheblich teurer sind. Ich persönlich verwende Tuschen beider Kulturen und habe bei beiden hervorragende und weniger gute erlebt. Der Grund des oft schlechten Rufs chinesischer Tuschen liegt meiner Ansicht nach wo anders:

In China werden Tuschen gerne als optische Souvenirs für Touristen und als Dekostücke gefertigt und verkauft. Nicht wenige meiner Bekannten haben bunte, hübsch anzusehende Andenken für manchmal weniger und manchmal mehr Geld auf chinesischen Märkten erworben und nach Hause gebracht. Mit einem geschulten Blick oder einer kurzen Schreibprobe zeigt sich dann, dass das Material nicht wirklich zur Erstellung guter Tusche gedacht und geeignet ist.

Ein weiteres Problem ist wirtschaftlicher Natur: Aus meiner Erfahrung sind in Europa und in den USA verkaufte Tuschen oft grober oder einfacher Güte. Dies liegt daran, dass der Markt für asiatische Kalligraphie eine zu kleine Nische ist, als dass ein Händler sich leisten kann teure Waren zu kaufen. Zu hoch ist das Risiko, dass das breite Billigangebot dem Kunden den Eindruck vermittelt, teurere Tuschen seien seien nur deshalb teuer, weil der Händler mehr an ihnen verdienen will. Eine hochwertige Tusche kostet in China ab 10 Euro bis 50 Euro, in Japan zahlt man 20 Euro bis 80 Euro. Berücksichtigt man dann Recherche, Versand, Zoll, mögliche Zwischenhandelsabgaben und die notwendige Gewinnspanne für den Endverkäufer, so müssten solche Tuschen hier von 30 Euro bis 40 Euro aufwärts gehandelt werden. Angesichts der niedrigen Preise der hier üblichen einfachen Tuschen ist es sehr schwierig mit einem kommerziellen Verkaufserfolg für solche hochpreisigen Exoten rechnen.

Tusche besser raus aus der Folie!


Sind Sie bei Ihrer Tusche nicht sicher, ob sie aus China oder Japan stammt, dann gibt es ein einfaches, recht sicheres Merkmal: Chinesische Hersteller packen ihre Tuschen in Plastiktüten, die billigen Ziertuschen bekommen häufig sogar einen Deckel mit einer Glasscheibe. Hochwertige chinesische Tuschen verwenden nur in seltenen Ausnahmen verglaste Packungen, bei Japanern habe ich das noch nie gesehen. Japanische Tuschen sind fast nie in Plastiktüten sondern in Papier verpackt oder liegen offen in einem Karton oder einem kleinen Holzkästchen aus leichtem Paulownia-Holz. Ausnahmen hier sind sehr alte Bestände oder Sonderverkäufe, bei denen die Händler keine Originalpackungen haben oder sie größere Altbestände aus diversen Quellen wie alten Lagerbeständen bekommen haben.

Die Holzverpackung ist übrigens kein Muss für eine hochwertige Zusche. Es gibt ausgezeichnete Hersteller, die Kartonboxen verwenden.

Was gegen Glas und Plastitüte spricht ist, dass es in vielen Bereichen Chinas deutlich höhere Luftfeuchten und Temperaturen gibt als bei uns. Wurde eine chinesische Tusche unter solchen Bedingungen gelagert und eingetütet und findet ihren Weg in unsere kühleren Breiten, dann bekommt sie nicht selten nach Wochen oder Monaten einen Schimmelbefall. Die weisslichen, matten Schichten verleiden einem dann auch wegen des Geruchs die Freude am Tuschereiben. Daher mein Rat: Raus mit den Tuschen aus den Plastiktüten und keine Aufbewahrung in luftdichten Packungen.

Mein persönlicher Weg zur feinen Tusche


Die Erfahrung, wie eklatant sich einfache und hochwertige Tuschen unterscheiden, habe ich persönlich sehr eindrucksvoll gemacht. Über Jahre hinweg habe ich bei Händlern in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA für viel Geld verschiedenste Tuschen erworben und ausprobiert. Alles waren neutralschwarze oder leicht warme Tuschen. Dann konnte ich in Nara, Japans Herzstadt der feinen Shodo-Materialen, in einem Geschäft für lokale Künstler zwei schöne und teure Kalttontuschen erwerben. Ihre Qualität begeisterte mich völlig und ich wandte mich an einen chinesischen Freund, der mir früher schon des öfteren Material in China besorgt hatte. Auf zugeschickte Bilder der japanischen Tuschen reagierte er ungewohnt zurückhaltend, da müsse er erst einen erfahrenen Kollegen und Händler fragen. Die Antwort war ebenso überraschend: Um mit solchen Qualitätsansprüchen mithalten zu können bräuchte ich besondere Tuschen der Region Anhui, wie sie für das Kaiserhaus hergestellt wurden. Diese Tuschen gibt es praktisch nur im innerchinesischen Markt und ihre Herstellung liegt in den Händen eines Kreises entsprechender Tuschemacher. Ich sprang ins kalte Wasser, bestellte ein paar und testete sie zu Hause aus.

Laut einer von mir geschätzten japanischen Kalligraphin fühlt sich das Reiben einer hochwertigen Tusche an

als wäre der Stab eine Kerze aus Wachs, die man über eine warme Herdplatte gleiten lässt und die langsam schmilzt.

Mit diesen neuen Tuschen verstand ich endlich diesen Satz. Nach nur kurzem Reiben unterbrach ich, ging zu meiner Schublade und warf das meiste meiner bisherigen Tuschen schweigend in die Mülltonne. Den Rest haben meine zwei kleinen Söhne dann als nette Zierobjekte bekommen.

Hochwertige Tusche ist jeden Cent wert


Mit dieser Erfahrung möchte ich Ihnen sagen, dass es sich wirklich lohnt gute Tuschen zu verwenden. Die Güte beginnt beim Reiben. Aber die Leistungsfähigkeit guter Tuschen zeigt sich in der Bildwiedergabe. Gesättigtes Schwarz ist die einfachste Disziplin, dass schaffen fast alle. Das Fliessverhalten ist deutlich schwieriger, denn gleichmässiges Fliessen verlangt eine homogene Konsistenz. Anspruchsvoll wird es bei stärkeren Verdünnungen, denn hier brauchen homogene Töne noch viel feinere und schön verteilte Russpartikel. Soll dann der Farbton konstant bleiben und die Pinselränder keine zu starke Abrenzung zu Papierbereichen zeigen, in die die Tusche weiter fliesst, so gelangt man zu den Spitzentuschen. Billige Tuschen streuen oft kleine schwarze Klumpen in die wenigen Grautonstufen und verkleben und verklumpen den Pinsel, so dass neben einem hässlichen Schriftbild der homogene Eintrag ins Papier nach mehrmaligem Laden des Pinsels immer schlechter wird.

Dabei ist teure Tusche im Endeffekt ein sehr preiswertes Vergnügen. Ich schreibe ca. ein- bis zweimal die Woche je zwei bis drei Stunden. Ein Tuschestab mit 40 Gramm hält dabei ein bis zwei Jahre. Ein gutes Essen der gleichen Preisklasse schafft Vergnügen für ein bis zwei Stunden.

Weitere Informationen zur Tusche, finden Sie unter Sumi - Fachwissen.