Grundlagen zu Techniken und Arbeitsmaterialen in der Kalligraphie

Suzuri - der Stein

Bildergalerie: Suzuri - Reibesteine für die Tusche


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    Chinesischer grün marmorierter She-Stein. Liefert extrem feine Tusche und beste Zwischentöne.
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    Gegossener chinesischer Stein. Sehr guter Einsteigerstein für mittlere bis dichte Tusche.
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    Chinesischer Venus-Stein mit reinen Silbereinlagerungen. Universell für alle Tuschen.
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    Chinesischer Duan-Stein, maschinell bearbeitet. Etwas rau und sehr satte Tusche.
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    Seltener alter She-Stein aus antikem Steinbestand. Wertvoll, feinste Tusche und Zwischentöne.
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    Chinesischer Stein mit Quarz. Sehr robust und universell für alle Tuschen.
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    Feinster chinesischer Venus-Stein mit Opalisierung und Silbereinlagerungen. Edelsteinniveau.
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    Weicher chinesischer Stein mit Textur. Sehr gut und angenehm für stärkere Tuschen.
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    Feinster chinesischer Stein mit Opalisierung und Eisenschicht. Edelsteinniveau.
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    Handgeschlagener japanischer Schwarzschiefer aus Kochi. Feine Tinte und extrem angenehmer Abrieb.

Der erste der vier Schätze


Suzuri, der Reibestein, ist das erste Element in der Kalligraphie, denn er ist die Basis mit dem die Tusche aus Wasser und dem Tuschestab gerieben wird. Der Wert des Suzuri ist vielen am wenigsten bekannt und das hat mehrere Gründe. Dabei ist der Suzuri für den, der seine Tusche selbst erstellt, die nachhaltigste und langlebigste Anschaffung für seine Kunst. Ein guter und gepflegter Reibestein begleitet einen ein ganzes Leben.

Der meiner Ansicht nach häufigste Grund für die Geringschätzung des Suzuri ist der bereits genannte Einsatz von flüssiger Fertigtusche, für die ein hochwertiger Reibestein wenig erforderlich ist. Aber auch Besitzern von Tusche und Reibesteinen bleibt der wahre Wert leider oft verschlossen, was einen anderen Grund hat: Außerhalb Japans und Chinas muss man es als Glücksfall bezeichnen einen guten Reibestein und eine entsprechend hochwertige Tusche zu bekommen. Erst das Zusammenspiel dieser zwei Komponenten bei entsprechend guter Qualität eröffnet die Güte beider. Die Freude am Tuschereiben ist mit einfachem Material dagegen meist sehr begrenzt. Mehr Details finden Sie auch bei den Erklärungen zur Tusche.

Praktische Unterscheidung der Steine


Bei den Suzuri ist das Qualitätsspektrum sehr breit gefächert. Beginnen wir mit den praktischen Eigenschaften. Reibesteine lassen sich nach mehreren Aspekten gruppieren:

Raue Steine haben einen schnellen, gröberen Abrieb und erzeugen rasch eine dicke schwarze Tusche, die sich gut für Kalligraphie mit schwarzen Zeichen und auf stark fließendem Papier eignet.

Feine und glatte Steine hingegen machen einen langsamen, feinen Abrieb mit feinsten Russpartikelgrößen. Tusche dieser Steine ist deutlich differenzierter, mit feiner Tonwertabstufung und die beste Wahl für Sumi-E, die japanische Tuschemalerei. Auch Schriften in Zwischentönen, die sich eher in der chinesischen Schriftmalerei finden, oder künstlerische Schriften mit graduell befüllter Pinselspitze, die Linien mit unterschiedlichen Grauwerten erzeugen, profitieren sehr von feinen Tuschen. Allerdings verlangen diese Steine mehr Geduld und Ausdauer beim Reiben. Eine kleine Belohnung ist dabei das weiche und angenehme Abriebgefühl beim Reiben.

Harte Steine, aus Keramik gebrannte oder sehr hartes Steinmaterial, z. B. Venus-Steine mit Silbereinschlüssen, sind sehr wiederstandsfähig gegen Tuschesteine mit Eisen- oder Steinpartikeleinschlüssen und verkratzen viel weniger als weiche Steine. Sie überstehen teilweise sogar die schrecklichen, billigen Anthrazittuschestäbe, die leider nicht selten zu finden sind, und die sich im Grunde zu nicht mehr als zu netter Dekoration oder zum Zerstören von Reibesteinen eignen.

Weiche Steine, wie die aus hochwertigem Schwarzschiefer bestehenden echten chinesischen Duan-Steine, etliche She-Steine und die wunderbaren handgeschlagenen japanischen Kochi-Steine, reiben sich stärker ab und erzeugen mit der damit konstant bleibenden Oberfläche im Zusammenspiel mit guten Tuschestäben angenehmere und feinere Tuschen. Mit schlechter Tusche kann man allerdings direkt zusehen, wie diese sehr schönen Steine verkratzen und kaputt gehen.

Suzuri als Kunstobjekte


Natürlich bieten Reibesteine ein schier unbegrenztes Spielfeld für die künstlerische Bearbeitung und Verzierung. Besonders in China kann man nach oben praktisch unbegrenzt viel Geld für solche Kunstwerke unglaublicher Finesse und Schönheit ausgeben, und auch in Japan erzielen Steine mit besonderen mineralischen Einschlüssen - und natürlich solche mit feinen Motiven und Verzierungen - hohe Preise. Ab einem gewissen Preisniveau verwendet man solche Steine meist nicht mehr zum Reiben, denn sie haben sich von Gebrauchsobjekten hin zu Kunstobjekten entwickelt. Ein paar solcher Kunstobjekte, die sich immer noch für das echte Reiben eignen, finden Sie auch auf meiner Seite.

Die für die Tusche - Sumi - am besten geeigneten Steine sind solche, die noch aus alten Steinbrüchen stammen. Dieses Rohsteinmaterial findet sich in relativ wenigen Minen und besonders in solchen, in denen es lange Zeit unter Wasser war und dadurch eine besondere strukturelle Porösität gebildet hat. Leider sind viele berühmte Minen seit Jahrhunderten erschöpft, ihre besten Steine sind im 17. und 18. Jahrhundert abgebaut worden. In den verbleibenden Minen wird zunehmend Material zweiter Wahl gewonnen. Echte Sammler können mit viel Glück Steine aus altem Material bekommen, wobei man aber sehr gute Kontakte zu entsprechenden Händlern in China oder Japan benötigt.

Woher bekommt man hochwertige Steine?


In Europa sind hochwertige Steine nicht leicht zu finden, und in den USA muss man auf dem Gebrauchtmarkt Glück haben, oder man findet sie völlig überteuert bei Kunsthändlern. Der Grund ist der gleiche wie bei alten japanischen Schwertern: Nach dem Zweiten Weltkrieg haben viele amerikanische Soldaten auch teils sehr hochwertige Souvenire von Japan nach Hause gebracht und die USA haben auch eine größere und vor allem länger eingesessene, japanische Gemeinschaft.

Hiesige billige Ware besteht oft aus sehr einfachem, gefrästem Grauschiefer, der leider nur einen sehr begrenzten Eindruck von dem vermitteln kann, was ein Reibestein bietet. Dies wird verständlich wenn man weiß, dass solche Industriereibesteine in China ab 50 Cent zu kaufen sind. Besser sind dann die gebrannten Kunststeine chinesischer Herkunft, die sich auch bei besseren deutschen Händlern finden lassen.

Die Finger sollte man von allen Steinen lassen, die ungleichmäßig mit einer schwarzen Schicht patiniert sind. Besonders bei einschlägigen Onlineauktionsplattformen finden sich derart professionell gefälschte und exzessiv verzierte chinesische Kunststeine mit klangvollen Namen. Die bei solchen Steinen verwendeten Keramikmaterialien haben nicht selten mehr mit Schleifsteinen oder Steingut zu tun als mit dem, was man zum Reiben von Tusche braucht. Und das trotz der teils überraschend hohen Preise.

Gelegentlich verkaufe ich auch eigene Reibesteine. Gerne können Sie hierzu den Shop besuchen.

Was Sie dem Stein nicht antun sollten


Auch wenn die Suzuri sprichwörtlich "steinhart" sind, so gibt es doch typische Fehler im Umgang mit ihnen. Daher empfehle ich folgende Fehler nicht zu begehen:

Der häufigste Feind eines sauberen Steins ist die eigenen Bequemlichkeit. Reinigt man die Stein nicht nach jedem Gebrauch, so trocknet die Tusche auf der Oberfläche ein und bildet getrocknete Tuschereste. Dabei lässt sich selbstgeriebene Festtusche noch ein paar Tage später recht gut entfernen. Am besten eignet sich tatsächlich ein alter Pinsel mit dem man einfach die Tusche abpinselt. Nach längerer Zeit oxidiert die Festtusche jedoch und wird wie die Flüssigtusche extrem hart. Dann hilft oft nur noch eine sorgfältige Reinigung mit einem 600er Schleifpapier. In keinem Fall darf man Stahlwolle oder ein Messer zum Abschaben verwenden, ein hässliches Verkratzen ist dabei kaum zu vermeiden.

Die häufigste Variante den Stein zu Verkratzen sind minderwertige Reibetuschen. Es ist erstaunlich, wie effizient man sich die Oberfläche mit kreisförmigen oder geraden Kratzern aufrauhen kann, wenn sich im Tuschestub schlechtes Grundmaterial oder Einschlüsse von Metallsplittern und Steinchen befinden. Hier empfehle ich die entsprechenden Hinweise auf der Fachwissenseite zur Tusche. Generell sollte der Reibevorgang leise sein. Wenn nicht, hilft es das Reiben zu unterbrechen und den Stein sauber und trocken mal unter schrägem Licht zu inspizieren. Aufgeraute und verkratzte Steine machen keine so weichen Tuschen mit Zwischentönen mehr.

Sehr gefährlich ist es, den Tuschestab nass auf dem Stein stehen zu lassen. Auch wenn der Postbote wild klingelt, nehmen sie sich die Zeit den Tuschestab kurz abzutupfen und neben den Suzuri zu legen. Tuschestäbe saugen binnen Minuten den dünnen Wasserfilm zwischen sich und dem Reibestein auf und Verkleben mit dem Stein. Versucht man den Tuschestab dann mit Kraft zu lösen, so gibt es drei Varianten: Hat man Glück und den Stab nicht zu lange stehen lassen, dann lässt sich der Tuschestab noch schadenfrei lösen. Die zweite Option ist, der Tuschestab zerbricht und lässt einen Teil auf dem Stein, der dann sehr langwierig entfernt werden darf. Oder der Tuschestab hält und bricht ein Stück aus dem Suzuri heraus, was auch nicht besonders erfreulich ist.

Als letztes möchte ich einen Hinweis kommentieren, den manche Hersteller und Verkäufer von Reibesteinen geben. Um die schön anzusehende Steinstruktur zu verstärken und die Farbtöne des Steins - nicht etwa einer Tusche! - zu intensivieren, soll man den Stein mit klarem Politurwachs behandeln. Nun ja, Steine leben davon, dass ihre Oberfläche Wasser aufnehmen kann und die feine Rauheit zum Abrieb der Tusche entwickelt. Dies schätzt jeder, der die leider oft aufgebrachte Oberflächenversiegelung seines neuen Steines nach einiger Zeit im Gebrauch endlich abgearbeitet hat. Diesen "Unzustand" der Versiegelung wieder herbei zu führen mag für Ausstellungstücke in der Vitrine einen Sinn haben. Einen Stein, der zum Herstellen von Tusche gedacht ist, verdirbt man sich damit.

Weitere Informationen zur Tusche, dem zweiten der vier Schätze, finden Sie unter Sumi - Grundlagen und Sumi - Fachwissen.